Donnerstag, 9. August 2012

Stell Dir vor, Du kaufst Gemüse, und Du weißt nicht, woher es kommt.

Der Hinweis, aus welchem Land, welcher Region die Ware kommt, ob sie nach Bio-Richtlinien produziert wurde oder nicht oder ob der Produzent deklariert wird, ist nicht die ganze Wahrheit über das Lebensmittelprodukt, weil es die Saatgut außer Acht lässt.

Die Organisationen ACSI, Bio Suisse, EvB, FRC, IP Suisse, ProSpecieRara, SKS und Swissaid hatten eine Studie in Auftrag gegeben, die im Juni 2012 veröffentlicht wurde. Exemplarisch wurden die Produkte Karotten, Tomaten, Peperoni und Blumenkohl untersucht.



Die Autoren der Studie fanden heraus, dass die beiden Agrarkonzerne Syngenta und Monsanto beispielsweise bei Peperoni 56 Prozent, bei Tomaten 62 Prozent und bei Blumenkohl gar 71 Prozent aller in Europa geschützten Sorten kontrollieren. (1)

Agro-Chemiekonzerne sind marktbeherrschend

Experten im Bereich Landwirtschaft beobachten seit Jahren, wie der Markt für Saatgut immer stärker von Pflanzenschutzmittelherstellern und ihren angeschlossenen Züchtungsunternehmen gesteuert wird.
Dadurch wachsen die "Abhängigkeiten der Produzenten, aber auch anderer Akteure der Wertschöpfungskette der Ernährungsbranche, vom Willen sowie der kommerziellen Ausrichtung weniger Unternehmen."

Hersteller von Pflanzenschutzmitteln, die selbst selbst Saatgut entwickeln, haben ein primäres Ziel: "Produkte dem Markt anzubieten, die komplementär zu Dünge- und Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden können oder müssen." "Dadurch erhöht sich in der Tendenz die Abhängigkeit der Bauern auf dem Markt der Vorleistungen gegenüber einzelnen Unternehmen, die Wahlfreiheit sinkt." (1)

Über Jahre seien hohe Beträge für Werbekampagnen ausgegeben worden, um Konsumierende von den Vorteilen von biotechnologisch designten Life- Science-Produkten zu überzeugen, aber die Öffentlichkeit werde hingegen kaum über züchterische und unternehmerische Aktivitäten im Saatgutbereich informiert. Der internationale Saatgutmarkt befinde sich in einem zunehmenden Prozess der Konzentration.
Durch Fusionen und Übernahmen kleinerer Züchtungsunternehmen durch diese Agro-Chemiekonzerne habe sich mittlerweile ein Oligopol im Saatgutmarkt gebildet, welches ähnlich ausgeprägt sei, wie im Markt für Pflanzenschutzmittel.

Informierte Konsumenten

Da die Konzentration auf dem Saatgutmarkt den allgemeinen Trends der wirtschaftlichen Entwicklung auf dem europäischen Markt folge, entstehe in der Folge "Abhängigkeiten der Konsumentinnen, des Handels und der Gemüseproduzenten von wenigen Life-Science- Unternehmen, die immer stärker versuchen, über Patentrechte, eine freie Produkt- und Marktentwicklung bei Saatgut zu blockieren." (1)
Was in den Supermärkten in die Regale kommt, bestimmen in Deutschland zurzeit zu über 90 Prozent nur 6 Anbieter (Edeka, Rewe, Aldi, Lidl - einschließlich Kaufland - Metro und Tengelmann). (2)

Fazit 

In Zukunft müsste mehr Transparenz über die gesamten Food- Wertschöpfungsketten herrschen, wer über die Saatgutressourcen verfügt und auch in welchem Umfang Produkte unterschiedlicher Saatgutsorten über welche Vertriebswege zum Konsumenten gelangen, fordern die Autoren der Studie.

"Nur informierte KonsumentInnen, nur informierte Einkäufer im Handel sowie die WEKO können Einfluss auf diese Entwicklung nehmen."
Fragen Sie nach dem Saatguthersteller. Ihr Supermarkt kann es Ihnen nicht sagen? Ihr Anbieter regionaler Produkte aber bestimmt! 
Quellen:
    1. Strukturen und Entwicklungen des Schweizer und internationalen Marktes für Saatgut am Beispiel ausgewählter Gemüsesorten, Juni 2012
    2. Antrag der SPD-Bundestagsfraktion: "Für faire Lebensmittelpreise und transparente Produktionsbedingungen – Gegen den Missbrauch von Marktmacht" (Drucksache 17/4874, 23.02.2011
    3. www.schweizerbauer.ch
      Edith Winkelmann, Dipl. Soz. Wiss.

      *Foto: peterpaul, "Von der Blüte bis zur Reife", www.piqs.de

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